Verhandlungstipps von A-Z: Anker nützen und schützen

Wolfgang Bönisch - Verhandlungsexperte

So können Sie Anker für und in der Verhandlung für sich selbst “nutzen“:

Sich selbst Anker setzen

Mit einem bewusst gesetzten Anker können Sie gewünschte innere Zustände, wie den Negotiators State, gezielt aufrufen und jederzeit verfügbar machen.

Jeder von uns kennt Momente im Leben, in denen einfach alles gelingt. Solche Momente sind Situationen, in denen wir Zugriff auf unsere besonderen Fähigkeiten haben, uns kraftvoll fühlen und Dinge wie von selbst gelingen. Sich so einen Zustand gezielt verfügbar machen zu können, ist für viele Situationen im Alltag nützlich. Wir sind beispielsweise gelassen im Umgang mit schwierigen Menschen, lassen uns nicht so leicht aus dem Konzept bringen und haben auch an arbeitsreichen, anstrengenden Tagen eine Energiereserve, auf die wir zurückgreifen können.

Wir können uns solche „tollen Momente“ zurückholen und sie verankern, so dass sie bei Bedarf ganz leicht wieder herbeigeführt werden können. So können Sie sich für unterschiedliche Situationen einen spezifischen Anker setzen, der Ihnen hilft, in den gewünschten guten Zustand zu kommen.

und so können andere einen Anker gegen Sie einsetzen:

Anker als Werkzeug (Waffe)

Anker können ganz bewusst gesetzt und eingesetzt werden. Und damit werden sie zu starken Waffen in einer Verhandlung. Dazu muss lediglich eine Emotion mit einem Sinneseindruck verknüpft werden. Das kann ein Symbol, eine Bewegung, eine Redewendung, aber auch ein Duft oder Geschmack sein.

Seien Sie auf der Hut, wenn Ihr Gegenüber wiederholt die gleiche Redewendung verwendet. Noch dazu, wenn das mit einer immer gleichen Geste und einem bestimmten Tonfall verknüpft wird. Vielleicht soll dadurch eine bestimmte limbische Instruktion (Emotion) in Ihnen getriggert werden, die Ihre Verhandlungspartnerin zuvor entdeckt hat.

Anker, Teil 1>>>

Der Ankereffekt in der Verhandlung>>>

Verhandlungstipps von A-Z: Ankereffekt

Anker-Verhandlungstipp

Der Ankereffekt ist ein allgegenwärtiges Phänomen. Er wirkt bei jeder Entscheidung und damit in jeder Verhandlung mit.

Man spricht dabei von Priming oder Bahnung, wenn eine zufällig oder bewusst gesetzte Information bei meinem Gegenüber die Beurteilung beeinflusst.

Wenn Sie als Verkäufer zum Beispiel dem Kunden zuerst das beste und teuerste verfügbare Gerät zeigen, dann wird dies zum Referenzobjekt. An diesem bewertet Ihr Kunde alle Alternativen.

Das ist das High-End-Gerät. Es kostet 9900,–

Und hier ein ganz gutes aus dem letzten Jahr für 2500,–

Im Vergleich zum Ankergerät sind 2500,– nun nicht mehr wirklich teuer.

In Verhandlungen wird das genutzt, in dem als Ausgangspunkt extrem hohe Preise aufgerufen werden. Oder andersherum, in dem der Einkäufer ein unfassbar niedriges Angebot macht.

Plötzlich erscheint alles, das „weg von“ diesem Preis ist in einem guten Licht.

Vor dem Ankereffekt schützen

Einen echten Schutz vor dem Auslöser gibt es nicht, weil Sie sich den Effekt nicht abgewöhnen können. Das Prinzip ist so stark in uns wirksam, dass der Ankereffekt immer ausgelöst wird.

Hier hilft nur das klare Bewusstsein, dass es diesen Effekt gibt. Und dann bewusst entscheiden, dass Sie das Priming nicht gegen sich wirken lassen:

Warum finde ich das plötzlich einen angemessenen Preis?

Warum möchte ich jetzt kaufen, obwohl ich weit von meinem Optimum entfernt bin?

Der Ankereffekt im Alltag

€ 1,99 | € 19,99 | € 199,–

Alles Anker, mit denen wir jeden Tag konfrontiert werden. Der Anker ist dabei die jeweils erste Zahl also die „1“, anhand derer wir beurteilen, ob etwas teuer oder günstig ist.

Ein wahre Fundgrube sind die Bücher von Daniel Ariely>>>

In einem Experiment hat er Studenten zum Beispiel die letzten beiden Ziffern ihrer Sozialversicherungsnummer aufschreiben lassen. Dann fragte er, ob Sie bereit wären, zu diesem Preis Weinflaschen zu kaufen.

Man sollte meinen, dass dieser willkürlich zustande gekommene Betrag keinerlei Effekte hat. Hatte er aber:

  • Studenten, die eine kleine Endziffer hatten, waren bereit im Schnitt 8,64 Dollar für den Wein zu bezahlen.
  • Studenten, die eine hohe Endziffer hatten, gaben im Durchschnitt 27,91 aus.

Wenn wir den Wert einer Sache bemessen, sucht sich unser Gehirn Vergleichswerte. Dazu reicht ihm zur Not auch eine völlig irrelevante Zahl als Bezugspunkt.

Verhandlungstipps von A-Z: Anker

Anker-Gewürze-Verhandlungsexperte

„Es riecht nach Zimt, Sternanis und Gewürznelken“

Ein Anker ist ein Trigger oder Auslöser. Es passiert etwas und wir reagieren auf die immer gleiche Weise bzw. wir fühlen das Gleiche.

Was löst das bei Ihnen aus? Welche Assoziationen, Gefühle oder Bilder?

Solche Anker sind die Verknüpfung eines Sinneseindrucks mit einer starken Emotion. Und wenn der Sinneseindruck auftaucht, ist auch die Emotion oder die stark gefühlte Erinnerung wieder da.

Auch ein Maskottchen (Stofftier, Socken,…), ist nichts anderes als ein Anker, der dazu dient, Sie in einer bestimmten Situation stark zu machen, weil es das Siegergefühl wieder wachruft.

Die meisten Anker „passieren“ einfach. Sie sind plötzlich da und wirken. Das kann in jeder Situation zu jeder Zeit passieren, auch in einem Gespräch, auch während einer Verhandlung.

Was passiert, wenn Ihr Verhandlungspartner das gleiche After-Shave benutzt, das Ihr Ex benutzt hat? Oder wenn Sie dieses unbestimmte Deja-Vu haben und plötzlich das Gefühl haben Ihrer Grundschullehrerin gegenüber zu sitzen?

Wenn ein bestehender Anker in einer Verhandlungssituation ausgelöst wird, kann er eine starke Emotion auslösen. Es kann Sie zum Beispiel in einen kindlichen und damit wehrlosen Zustand versetzen. Ein Anker kann auch Widerstand und Kampfeswillen auslösen und damit ebenfalls Ihr Verhandlungsergebnis beeinflussen.

Wenn Sie regelmäßig in der gleichen Konstellation oder am gleichen Ort verhandeln, dann kann es sein, dass sich bereits Anker gebildet haben. Immer wenn Ihr Verhandlungspartner etwas Bestimmtes tut oder Sie den Raum betreten, löst das bei Ihnen die gleiche Reaktion (limbische Instruktion – Emotion) aus.

Dieses „Ach ja, schon wieder…“, das mehr gefühlt als bewusst ist, löst eine Erwartung aus, diese steuert Ihre Wahrnehmung und schon läuft der Autopilot.

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